Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Als ich "Ein ganzes halbes Jahr" entdeckte wusste ich, dass ich kein anderes Buch lesen möchte als dieses hier. Und nachdem ich alle nur verfügbaren Leseproben gelesen hatte, wusste ich auch, dass ich es sofort lesen möchte!
Zum Cover: In meinen Augen ist das Cover hier nicht unbedingt ein Highlight. Aber nachdem sich alle Bücher von Jojo Moyes in ihrer Aufmachung so wunderbar ähnlich sind, haben sie einen Wiedererkennungswert. Ohne den Namen zu sehen, weiß man direkt schon, von wem das Buch ist. Was will man mehr? 
Der Schreibstil der Autorin (oder eher der Übersetzerin?) hat mir sehr gut gefallen. Es ist flüssig und nicht unangenehm zu lesen. Vor allem wenn die Sätze so abgehakt sind, gefällt es mir überhaupt nicht. Aber hier hat zum Glück alles gestimmt. 
Zu Beginn des Buches wusste ich nicht so recht, was ich mit Lou anfangen soll. Ich hatte sie zwar nicht direkt ins Herz geschlossen aber unsympathisch war sie mir auch nicht. In ihrem Charakter war sie eher monoton. Ihre Ziele und ihre Wahrnehmung auf ihr Umfeld ließen bei mir keinen anderen Gedanken zu. Jedoch merkt man schnell, dass vielleicht gerade diese Monotonie der Geschichte zu dem verhalfen, was sie jetzt ist. Lou hat nichts Spezielles an sich, abgesehen von ihrem etwas extravagantem Kleidergeschmack. So könnte eigentlich, theoretisch gesehen, jeder in der Rolle von Lou sein, oder? Wem könnte das nicht mal passieren? Und gerade weil so ist, hat dieses Buch für mich etwas Realitätsnahes, so dass es für mich nicht so weit hergeholt scheint. Aber das ist ja nur meine Ansicht. 
Im Laufe der Geschichte zeigt sich, dass Lou ihre wahren Gefühle und Träume mehr oder weniger unterdrückt hat und sich dem Lebensstil, den sie gezwungen ist zu führen, anpassen muss. 
Will ist ein Charakter für sich.  Es hat mich immer sehr gefreut, neue Dinge aus seinem früheren Leben zu erfahren und umso mehr hat es mich erschüttert, was mit ihm geschehen ist. Aber Jojo Moyes weiß natürlich noch einen drauf zusetzen. Was genau, verrate ich aber nicht ;)
Wie Will mit Lou umgeht, ist beinahe schon ein Klassiker, doch Lou lässt sich nicht unterkriegen. Naja, zumindest am Ende nicht... 
Will sieht sich in der Rolle, Lou unbedingt etwas beibringen zu müssen. Ich glaube, er sieht von Anfang ein Potenzial in ihr, das sie aber nicht ausschöpft. Seine Beweggründe werden zunächst aber nicht offen gelegt. 
Mithilfe von Will entdeckt Lou sich selbst - oder erfindet sich neu. Diesen Entwicklungsprozess mitzuerleben, hat mich als Leser sehr fasziniert. Ich denke, man muss wirklich sehr mutig sein, um dem den Rücken zu kehren, was du kennst und für dich gewohnt ist und dich auf neue Dinge einzulassen. 

Eine Sache hat mich an diesem Werk aber sehr irritiert. In der Kurzbeschreibung wird es nämlich als eine reine Romanze verkauft und wenn nun jemand das Buch liest, es als solches betrachtend, dann wird er vermutlich enttäuscht - und sieht es wahrscheinlich als Abklatsch anderer Werke (in Andeutung auf den Bestseller Das Schicksal ist ein mieser Verräter). Mit Sicherheit könnte man jetzt sagen, Krankheiten in Büchern einzubringen, sei im Moment total beliebt und so weiter. Aber meiner Meinung nach behandelt Jojo Moyes ein weitaus wichtigeres Thema als die Lovestory zwischen zwei Menschen, denen eine Krankheit mehr oder weniger im Weg steht.Hier geht es eher darum, mit einer Krankheit ( Will ist ein Tetraplegiker) umzugehen und wie weit man im Hinblick auf die eigenen Schmerzen gehen darf. Bei den Entscheidungen, die Will trifft, blutet einem wirklich das Herz. Also ich glaube nicht, dass die gute Jojo hier auf das Geld abgezielt hat, wie manch einer vermutet, sie geht nicht einem Trend nach. 


Wer dieses Buch gelesen hat, wird wahrscheinlich viel ins Grübeln gekommen sein, immerhin gibt es einem sehr viel Raum zum Nachdenken. Wie geht man mit solchen wichtigen Themen um? Ich finde, dieses Buch ist es nicht wert, nach dem Lesen links liegen gelassen zu werden. Man sollte sich damit auseinander setzen. 
Hierbei stelle ich mir folgende Frage: "Was möchte Jojo Moyes mit diesem Buch sagen?". Dabei muss man begreifen, dass die Frage eher lauten sollte: "Möchte Jojo Moyes überhaupt etwas aussagen?" Ich glaube nicht. Und wenn sie das wollte, müsste sie verrückt sein, um zu solchen Themen eine Meinung zu äußern, wo sich ohnehin die Geister spalten. 
Ich glaube, sie hat erzählt, wie es ist. Eine Tatsache nach der anderen. Nun ist der Leser an der Reihe, sich eine Meinung darauf zu bilden. Ich selbst habe sehr lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich keine Meinung habe - beziehungsweise, ich finde es zu schwer, mir eine zu bilden.
Aber ich bin zu folgendem Schluss gekommen: Das hier ist keine Fiktion - auch wenn es schön wäre, wenn es sowas nicht gäbe. Tetraplegie ist aber eine wahrhaftige und vor allem ernste Sache. Ich selbst werde mich bemühen, in dem Bereich etwas zu bewirken, nachdem ich ja schon Medizintechnik studiere. 

Deswegen mein Aufruf an jeden: Betrachtet "Ein ganzes halbes Jahr" nicht einfach als einen netten Schmöker zum Schmunzeln und Herzflattern - davon gibt es zu genüge! - sondern versucht etwas daraus mitzunehmen. Vielleicht den Lebensmut von Will? Oder die Tapferkeit von Lou? Lasst euch davon begeistern von dem Leben selbst. Und verwirklicht eure Träume; vielleicht habt ihr später keine Gelegenheit mehr dazu...

Ich glaube, jetzt wurde der Artikel doch etwas ernster als gewollt. Natürlich hat der Roman bei mir auch ein gutes Gefühl hinterlassen. Ich musste oft lachen und mitweinen und habe so viel mitgefiebert, wie schon lange nicht mehr. Es ist schlichtweg ein Meisterwerk und ich empfehle es jedem - aber auch wirklich jedem!

Übrigens. Ich habe gehört, dass es bald einen Film davon geben soll. Man darf sich schon mal freuen! :)

1 Kommentar:

  1. mime vielen dank für deine Rezension! Top! als aller erstes; ich habe dieses Buch auch gelesen und ich teile deine Meinungen zu hundert Prozent! des weiteren empfehle ich es auch jedem. wirklich wirklich jedem…
    mitfiebern ist drin…liebe ist drin…lachen ist drin…weinen ist drin…Spannung ist auch drin…
    es ist eigentlich alles schon gesagt. ich lege es euch wirklich ans herz liest es. ihr werdet es definitiv nicht bereuen ;)

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